Frage:
Warum ist unser Gehirn eigentlich musikalisch?
queequeg
2006-08-15 16:38:39 UTC
Warum ist unser Gehirn eigentlich musikalisch?
Acht antworten:
Unmountable Bootvolume
2006-08-15 23:27:32 UTC
Das Ohr ist entwicklungstechnisch eines unserer ältesten Sinnesorgane (neben der Haut). Wir hören im Mutterleib lange bevor wir sehen können.



Die Fähigkeit zu hören und Töne als harmonisch zu empfinden ist uns schon in unser Gehirn veranlagt, anders als das bei den für das Sehen zuständigen Arealen der Fall ist. Babies müssen Gesichter und die Umgebung erst lernen zu erkennen.



Man hat neugeborene Katzenbabies in einen Zylinder gesetzt der innen nur mit waagrechten Linien bemalt war. Ein paar Wochen später wurden sie durch senkrechte Linien ersetzt.



Die Katzen haben sie nicht wahrgenommen und sind gegen die Wand gelaufen. Ähnlich wird sich ein Mensch fühlen, der in der Savanne aufgewachsen ist und dann in eine Hochhausstadt kommt, oder umgekehrt.



Bei der Musikalität spielt es keine Rolle woher wir kommen, wir alle wissen durch Veranlagung was eine harmonische Klangfolge ist.



Unsere Ohren sind ständig aktiv, wir können sie zwar nicht abschalten, wohl aber die Aufmerksamkeit auf bestimmte Schallquellen lenken, gezielter als wir das mit den Augen je könnten.



Wer es nicht glaubt sollte mal versuchen aus einem Orchester ein bestimmtes Instrument heraushören. Trotzdem sind wir in der Lage gleichzeitig das gesamte Orchester wahrzunehmen und jeden falschen Ton eines anderen Instrumentes.



Wenn ich dagegen mit dem Auge eine bestimmte Stelle fixiere, kann ich nie alles gleichzeitig scharf sehen.



Die Ohren sind schon klasse.
Sandra
2006-08-15 16:44:05 UTC
So, dann fehlt mir was im Gehirn....
2006-08-20 01:45:25 UTC
Musikalisch?

Pfeift es, wenn wir ein Loch in Kopf haben?
Marike
2006-08-17 07:11:10 UTC
ich könnte da jetzt einen neuen neurowissenschaftlich ansatz verbeiten, aber vorher würde ich dich bitten, die frage zu präzisieren: meinst du, ob wir alle eine innewohnende musikalische begabung haben oder ob das gehirn in best. weise auf musik reagiert? ersteres gleub ich nicht... ist so wie mit malen oder anderen kreativen dingen. zu dem anderen könnt ich noch was "verzapfen". ;-)
sunny longbow
2006-08-15 23:00:22 UTC
Weil die ganze Welt schwingt, weil sozusagen das Ganze, das Universum musikalisch ist, und weil es Gott wahrscheinlich auch ist. Wenn es stimmt, dass wir nach Seinem Ebenbild geschaffen sind, dann ist bestimmt auch Gott musikalisch.

Wissenschaftler vermuten, dass Farben schwingen, und Insekten deshalb die Blüten der Blumen erkennen können, obwohl ihre Facettenaugen eigentlich farbenblind sind. Vieles in Natur und Kosmos erinnert in seinen Einteilungen an die Mensur der Töne, wie sie als Abstände der einzenen Fretten (Bünde) auf dem Gitarrenhals zu sehen sind. Wenn die Welt tatsächlich Klang ist, ist es da ein Wunder wenn wir musikalisch sind?
2006-08-15 17:43:32 UTC
Bestimmte monotone Rhytmen werden unterbewusst im Gehirn verarbeitet, die lassen sich bedingt auf Stammestänze, Techno und Marschmusik übertragen. Jeder hat dazu noch ein Verständnis dafür, was er als schöne Musik empfindet.
WOLF
2006-08-15 16:53:55 UTC
die musikalität liegt meines erachtens in den genen und nicht im gehirn. es gibt ja auch total unmusikalische menschen...

musikalität ist etwas, was mit der zeit bei einem kind gefördert werden kann, so denn die eltern es bemerken und unterstützen wollen. wenn dann das kind bereitwillig lernt, hat das gehirn auch seinen anteil daran, ist klar. aber das gehirn selber ist nicht musikalisch.
Auge
2006-08-15 16:46:30 UTC
Musikalische Verarbeitung und der auditorische Kortex

Strukturelle, funktionelle und perzeptive Unterschiede im Hörkortex von Musikern und Nichtmusikern







Die musikalische Tonhöhe von harmonisch komplexen Tönen unterscheidet sich um bis zu drei oder vier Oktaven, wenn derselbe Ton unterschiedlichen Hörern vorgespielt wird. Manche Hörer erkennen eher den Grundton eines Klanges (die Periodizitätstonhöhe), andere eher einzelne Obertöne. Um diese bereits von Hermann von Helmholtz beschriebenen subjektiven Unterschiede zu quantifizieren, haben wir einen ausführlichen Tonhöhentest mit 162 verschiedenen Tonpaaren aus harmonisch komplexen Tönen entworfen (Schneider et al., 2005). Der Test wurde mit 306 Profimusikern, 66 Amateurmusikern und 48 Nichtmusikern durchgeführt und zeigte eine breite Verteilung, die es erlaubte, die Hörer in zwei Gruppen, die "Grundtonhörer" und die "Obertonhörer" einzuteilen.



Bei 87 Probanden wurde zusätzlich mittels Kernspintomographie (MRT) das Gehirn anatomisch aufgenommen und mit Magnetoencephalographie (MEG) die Gehirnströme beim Hören von Klängen gemessen. Grundtonhörer zeigten im seitlichen Bereich des linken Heschl Gyrus ein deutlich größeres Volumen an grauer Substanz und auch eine größere P50 Aktivierung als im rechten Heschl Gyrus. Bei Obertonhörern war hingegen der rechte Heschl Gyrus stärker ausgeprägt.



Während die mit der Tonhöhenwahrnehmung verbundene Links-Rechts-Asymmetrie sowohl bei Profis und Nichtmusikern in gleicher Weise auftrat, war die absolute Größe der neuronalen Substanz stark von der musikalischen Veranlagung abhängig. Profimusiker zeigten einen doppelt so grossen Heschl Gyrus wie Nichtmusiker. Die im seitlichen Bereich des Heschl gyrus generierte P50 Aktivierung war sogar um das Fünffache stärker ausgeprägt. Das Volumen der grauen Substanz korrelierte nur mit der musikalischen Begabung, gemessen mit dem AMMA-Test von Edwin E. Gordon, die P50 Aktivierung hingegen ausschliesslich mit dem musikalischen Langzeit-Training.



Ferner wurde ein Einfluss auf die Präferenz bestimmter Musikinstrumente festgestellt. Da der linke Hörkortex für rasche zeitliche Verarbeitung zuständig ist, bevorzugen Grundtonhörer Musikinstrumente, die kurze, scharfe oder impulsive Töne produzieren (Schlagzeug, Gitarre, Klavier oder hohe Soloinstrumente wie Trompete oder Querflöte). Der rechte Heschl Gyrus verarbeitet hingegen bevorzugt Spektralfrequenzen oder Klangfarben. Obertonhörer wählen konsequenterweise in der Regel eher Instrumente, die lang ausgehaltene Töne mit charakteristischen Klangfarben oder Formanten im Spektrum produzieren (Streich-, Blech oder Holzblasinstrumente in tieferen Lagen, Orgel oder Gesang). Musiker, die das gleiche Hauptinstrument spielen aber unterschiedlich hören, unterscheiden sich ferner oft in ihrer Spielweise: Grundtonhörer spielen lieber virtuos oder rhytmisch betont, Obertonhörer interessieren sich mehr für Klangfarben und länger ausgehaltene Melodiebögen.



Sowohl die Größe als auch die relative Gewichtung der Heschl Gyri hat einen Einfluss auf die Tonhöhenwahrnehmung, Klangvorstellung, Präferenz von Musikinstrumenten und auf die musikalische Gestaltung.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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